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Vom Bader zum Gemeindearzt
Vortrag von Klaus Riehle

Geschichten und Anekdoten zur Entwicklung des medizinischen Angebots vom Bader zum Gemeindearzt im Ötztal des 19. Jahrhunderts standen am Programm, als Klaus Riehle am 8. Februar Einblick in seine Forschungen zur Ötztaler Medizingeschichte gab. Im Fokus des Interesses stand eine Pionierin aus Oetz: die erste österreichische Zahnärztin Emilie Hruschka. „Die erste Zahnärztin in Tirol und Österreich: Erinnerungen der Innsbruckerin Emilie Hruschka 1870 –1953“ lautete der Titel des Vortrags von Klaus Riehle, zugleich wurde sein gleichnamiges Buch präsentiert, das ab sofort im Turmmuseum um 20 Euro erhältlich ist. Während die Gemeinden Oetz, Längenfeld und Umhausen schon früh einen Gemeindearzt besaßen, wurde diese Stelle in Sölden erstmals im Jahre 1893 ausgeschrieben.

Klaus Riehle beschrieb in seinem Vortrag unter anderem die Gesellschaft rund um den langjährigen Umhausener Gemeindearzt Kugler, Sohn des Wundarztes Ignaz, zu der sich auch Franz Senn, Joseph Adolf Trientl und Ludwig Barth von Barthenau, gesellten. Neben der Wissenschaft gehörte ihre Liebe den Tiroler Bergen, den Schmetterlingen und den Verschönerungsvereinen, denen der Weg nie zu weit war, über Hochötz ins Ötztal zu gelangen. Diese Liebe zum Ötztal hatte über Generationen Bestand und fand erst durch das Hinscheiden ihres Neffen Jan Hruska und seines Freundes, dem Umhausener Urologen, Hans Marberger, ein Ende.

Am 7. Februar 1870 erblickte Emilie Hruschka in Oetz, wo ihr Vater Joseph als Gemeindearzt tätig war, das Licht der Welt. Sie sollte zur Pionierin werden, denn kaum 20 Jahre später schrieb der Pustertaler Bote: Durch einen Gnadenakt des Kaisers wurde Fräulein Emilie Hruschka in Innsbruck bewilligt, die zahnärztliche Praxis dort selbst auszuüben.

Emilie sollte dem Ötztal treu bleiben. Während ihr Vater später als erster Zahnarzt in Ötz „Zum Stern“ beim Schützenmeister Mathäus Schuler für die Ötztaler ordinierte, kümmerte sie sich als junge Gehilfin unentgeltlich um die Armen des Ötztales, an denen sie ihre Handwerk nicht besser hätte erlernen können, wie sie immer zu sagen pflegte. Sie erinnerte sich noch gut daran, dass die meisten Bauern überdurchschnittlich viel Kautabak zu sich nahmen und zu allem Unglück noch eine besonders ausgeprägte Karies besaßen. Oft musste sie zuerst mit dem Bohrer diese „Kautabakplomben“ entfernen, unter denen allerdings zu ihrer Überraschung die meisten Nerven noch lebendig waren. Die Kautabakfüllungen übernahmen offensichtlich die Funktion künstlicher Plomben und bewahrten die Pulpa vor dem Absterben.

Klaus Riehle gab Einblick in die Praxis von Vater und Tochter Hruschka, die später von Innsbruck aus ordinierten.

Über den Vortragenden und Buchautor:

Klaus Riehle, Dr. phil., geboren 1963 in Ohlsbach im Schwarzwald, Studium der Islamwissenschaften, lernte Anfang der 90er Jahre in Mailand den Neffen von Emilie, Prof. „Aga“ Hruska, u.a. Leibzahnarzt von Pius XII. und Johannes XXIII. kennen. Seinen Zeitzeugenaussagen und das Auffinden des Erinnerungsbuches seiner Tante Emilie war es zu verdanken, dass diese Arbeit zustande kam.

WAS

Vortrag und Buchpräsentation

WANN

8. Februar 2024, 19 Uhr

Kosten

Spenden erbeten