zurück zur Übersicht

Denkmalschutz im Ötztal
Die Kalköfen im Forchet

Vor 3000 Jahren kam es am Eingang des Ötztales zu einem Bergsturz, der das Tal abriegelte und eine neue Landschaft begründete. Diese besondere Landschaft wurde auch kulturell genutzt: Aufgrund der großen Mengen an Karbonatgestein und Brennholz in Form von Föhrenwald entstanden hier zahlreiche Kalkbrennöfen.

Einige von ihnen sind heute noch als Ruinen erkennbar und werden unter Denkmalschutz gestellt.

Neuesten Erkenntnissen zufolge wurde der Tschirgant-Bergsturz vor 3000 Jahren durch ein massives Erdbeben ausgelöst. Die Hauptablagerungsfläche dieses Bergsturzes liegt zwischen Roppen, Sautens und Ötztal-Bahnhof und bedeckt eine Fläche von ungefähr 7 km. Das Bergsturzmaterial setzt sich hauptsächlich aus Karbonatgestein zusammen, das als Rohstoff für den sogenannten Branntkalk dient. Ein weiterer wichtiger Rohstoff ist das Brennmaterial, das im Sautner Forchet in großen Mengen vorhanden ist. Die hohe Verfügbarkeit dieser beiden Ausgangsmaterialien war die Voraussetzung für den seit dem 16. Jahrhundert andauernden Wirtschaftszweig der Kalkbrennerei in Sautens.  Das Brennen von Kalk geht bis in die Antike zurück und die zugrunde liegende Technik ist seit dem immer dieselbe geblieben:

Die Vorbereitungen für einen Brand dauern mehrere Tage und werden von verschiedenen Handwerkern verrichtet.  Im leeren Kalkofen, der meist in einen Abhang gebaut wurde, um eine bessere Abdichtung zu erlangen, werden die behauenen Steine zu einem Gewölbe geschichtet, um so Platz für die Feuerkammer zu gewinnen, auf der die Kalkkammer ruht. Der fertig gefüllte Kalkofen wird oben mit Lehm abgedichtet, damit die Temperatur von bis zu 1000 Grad Celsius circa 100 Stunden gehalten werden kann. Beim Brennen verlieren die hochwertigen Steine rund ein Drittel ihres Gewichts, minderwertiges Material und Steine die nicht vollständig gebrannt wurden, werden anschließend aussortiert. Nach dem erfolgten Brand muss der Ofen mehrere Tage auskühlen, erst dann kann das Material weiter verarbeitet werden. Die nun spröden Gesteinsbrocken werden mit Wasser gelöscht und der so entstandene zähflüssige Brei bleibt je nach Gebrauch zwischen wenigen Wochen bis zu mehreren Jahren liegen.

Reinhold Strigl vor einem der letzten aktiven Kalköfen in Sautens 1960-62.

Gebrannter Kalk wurde auf Grund der desinfizierenden Wirkung zum „weißen“ von Wänden z.B. in Ställen und zur Mörtelherstellung verwendet. Weitere Anwendungsmöglichkeiten waren das Düngen von Ackerböden, als Frostschutzmittel und Schädlingsbekämpfung an Obstbäumen, in Gerbereien, Seifensiedereien, in der Glasindustrie und bei der Eisenverhüttung. Im Zuge der Industrialisierung wurde auch die Technik des Kalkbrennens mechanisiert und die Arbeit in den Kalköfen wurde zusehends eingestellt.

Damit die baulichen Reste dieses fast vergessenen Handwerks nicht ganz verschwinden, läuft aktuell die Unterschutzstellung von sieben, noch mehr oder weniger gut erhaltenen, Kalköfen in diesem Gebiet.