Heute beinahe in Vergessenheit geraten, geben die Strigl-Schwestern ein einzigartiges Beispiel für eine Künstlerfamilie, die einst – meist anonym – „naive Volkskunst“ für den täglichen Gebrauch produzierte. Nachfolgender Bilderspaziergang stellt einige Arbeiten aus dem Hause der Sautner “Tuifelemalerinnen” vor.
Therese Strigl (1824–1908) wurde in eine Maler-Familie geboren. Ihr Vater, Nikolaus Strigl (1784–1866), war nicht nur Maler, sondern auch Bürgermeister von Sautens. Therese und ihre Schwester Antonia (1836–1906) lernten zuerst bei ihrem Vater. Therese ging danach zu Caspar Jele, einem der wichtigsten Vertreter des Nazarenerstils in Tirol, nach Innsbruck. Die Schwestern betrieben in Sautens die väterliche Malerwerkstatt weiter.
Die Strigl-Schwestern nahmen vor allem Aufträge für religiöse Motive an. Sie malten Marterln, Bildstöcke, Votivbilder, Fastentücher, Grabkreuze und auch Altarbilder und konnten sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Sie malten im Stil der Nazarener, für die Kunst in erster Linie einen religiösen Auftrag zu erfüllen hatte. So erklärt sich die Tatsache, dass die Schwestern viele ihrer Werke nicht signierten. Diese Art der Kunst wird als „anonyme (Volks)Kunst“ bezeichnet. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde der Stil der Nazarener geringgeschätzt, auch deshalb gerat die so produktive Malerwerkstätte in Vergessenheit.
Bei allen nicht-signierten Werken der anonymen Volkskunst stellt sich die Frage, wer sie gemalt hat. Auch in der Sammlung der Ötztaler Museen, genau genommen der Sammlung Hans Jäger, sind etwa 20 Objekte, die von Therese Strigl sind bzw. sein könnten. Einige wenige sind signiert, andere hat Hans Jäger selbst als Strigl-Werke bezeichnet. Er zeigte sie 2009 in der Ausstellung „Vom Zauber der Naivität. Tuifelemaler und ihr Wirkungskreis am Land“ im Turmmuseum in Oetz. Bei anderen kann anhand des charakteristischen Stiles der Schwestern darauf geschlossen werden, dass es von den Strigl-Schwestern ist. Ganz sicher ist die Zuordnung natürlich nur bei den signierten Werken.
Therese Strigl signierte ihre Werke etwas öfter als ihre Schwester, die manchmal als „Gehilfin“ angeführt wird. Therese Strigl hat viele Werke im öffentlichen Raum hinterlassen, darunter die Kreuzwegstationen in Ochsengarten (1860) und Sölden (1860), das Gemälde Anna mit Maria (1865) in der Antoniuskirche im Bichlbächle (Gemeinde Berwang), das Altarbild vom hl. Martin (1873) in der Pfarrkirche Huben, das Gemälde am Antependium der Bachebenkapelle zu Cosmas und Damian in Rietz (1876) und das Altarblatt Christus als Helfer der Kranzen (1887) in der Kapelle von Obladis. Therese Strigl malte auch profane, also weltliche Motive, vor allem Landschaften. In der Sammlung der Ötztaler Museen ist eine Darstellung des Piburger Sees.
Die Strigl-Schwestern kauften das heutige Hotel Gisela, damals war es nur ein Wohnhaus. Marianne Strigl, eine Nichte der Schwestern (ihre Eltern waren Gottfried und Johanna Strigl, geb. Köttner) und ihr Mann, Hans Hilber (akadem. Maler, 1887–1967), bauten es zu einer Pension um. Vor etwa 30 Jahren wurde es verkauft und ist nun nicht mehr im Familienbesitz.
In das Heute gibt es zwei Verbindungen: Das Haus der Strigl-Familie – das „Kloasn“ oder „Steiner-Haus“ genannt wird – steht noch. Klaus Steiner, der mit den Strigl-Schwestern in vierter Generation verwandt ist, hat es aufwändig und liebevoll restauriert und bewohnbar gemacht. Es ist nicht nur von außen eigentlich ein Postkarten-Motiv, auch innen kümmert sich Steiner um den Nachlass der Familien Strigl und Hilber. Die zweite Verbindung ins Heute ist der Audioguide des Heimatmuseums „Alte Ötztalerinnen und Ötztaler erzählen“: dort spricht Rosmarie Strigl einen fiktiven Text von Therese Strigl, indem sie von ihrem Leben als Malerin erzählt.
(von Verena Sauermann, mit Dank an Klaus Steiner)