Feine Gravuren, bunte Transparenz und spielerische Formen zeichnen den historischen Glasbestand der Ötztaler Museen aus. Die größtenteils aus der Sammlung Hans Jäger stammenden Gebrauchsgegenstände erzählen von der Kunst des Glasblasens und der Geschichte der Hohlglasveredelung. Zudem können sie Einblicke über gesellschaftliche Sitten wohlhabender Menschen geben.
Woher genau die Einzelstücke stammen, ist leider nicht bekannt. In Nordtirol entwickelten sich im 16. Jhd. Glashütten in Hall in Tirol, die Innsbrucker Hofglashütte, sowie weitere Produktionsstätten im 17. Jhd. in Kramsach und im 18. Jhd. in Hopfgarten. Die Kramsacher Glashütte produzierte 300 Jahre lang
Gebrauchsgläser, Fenstergläser, Schnapshunde, Scherzgläser und die weltbekannten Nabelflaschen. Der weitgehend anerkannten Trinkkultur wurde mit Humor begegnet. In der uns vorliegenden Sammlung befinden sich 2 Objekte mit typischen Gravuren der Vogelpärchen und Herzen (Hochzeitsgläser)aus der der Glashütte Kramsach. Die Glashütte in Innsbruck hingegen wurde für den persönlichen Bedarf Erzherzog Friedrichs von Habsburg errichtet. Dort arbeiteten über 20 Jahre lang venezianische Glasmacher im Saisonsbetrieb.
Im Bayrischen, Böhmischen und Thüringer Wald entwickelte sich die Glasindustrie, die heute noch bekannt ist. Ausgehend von diesen Orten könnte man den Ursprung bestimmter Glasgefäße des Bestandes zuordnen. Aller Wahrscheinlichkeit nach reicht der Entstehungszeitraum dieser Gläser bis ins 19. Jhd. zurück.
Glas ist allgemein ab Mitte des 16. Jhd. v. Chr. als eigenständiges Material in Ägypten nachweisbar. Zur Herstellung des amorphen Feststoffes wurden Kalk, Sand und Soda bei hohen Temperaturen geschmolzen. Diese Bestandteile bilden bis heute die Grundlage zur Glasproduktion. Die farblichen Eigenschaften werden u.a. durch die Zugabe von speziellen Oxyden beeinflusst.
Der vorliegende Glasbestand wurde fast ausschließlich von Hand gefertigt, im zähflüssigen Zustand in Formen geblasen und gekühlt. Wenn es darum geht, Gebrauchsgläser bzw. Hohlgefäße beliebig dünnwandig, glatt und in Serie zu fertigen, spielt die sogenannte Glasmacherpfeife eine geradezu revolutionäre Rolle. Diese entstand etwa um 100 v. Chr. im syrischen Raum. Die Glasmacherkunst verbreitete sich ab dem 1. Jhd. n. Chr. aus dem Vorderen Orient bis ins ganze Römische Reich aus. So entwickelten sich bereits im 2.-, und 3. Jhd. bedeutsame Zentren der Glasherstellung in vielen europäischen Ländern.
Bei der Glasherstellung arbeiten die GlasmacherInnen im Team. Jedes Einzelstück beginnt mit einem sogenannten Glasposten, welcher dem Glasschmelzofen entnommen wird. Dieser wird vorgeformt, eingeblasen, mit zähflüssigem Glas überstochen, in Holzformen eingeblasen und weiterverarbeitet. Hohlräume, Stiele, Henkel und Auflagen werden mit Hilfe von speziellen Werkzeugen bis zur gewünschten Ausführung geformt.
Sehr erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang die venezianische Glasherstellung, welche seit dem Mittelalter bekannt ist. Handel und Know-how erreichten die Republik mutmaßlich über Byzanz. Die Glasmacher waren dazu verpflichtet, ihr Wissen streng geheim zu halten, sie liefen sonst Gefahr, für vogelfrei erklärt zu werden. Venedig wurde ab der ersten Hälfte des 16. Jhd. für sein farbloses, dünnwandiges Cristallo bekannt. Hauptsächlich wurden Becher, Schalen, Kannen und Flaschen aus hohl geblasenen Balustern mit zusammengesetzten Schäften und Füßen hergestellt. Die Schäfte wurden immer ausgeklügelter, mit-, Flügeln, fantasievollen Ornamenten und figürlichen Dekorationen.
Parallel dazu entstanden besondere Veredelungstechniken für die Glaswandung, durch die elegante Effekte erzielt wurden: die Gläser glichen einem von Eisblumen überzogenen Fensterglas oder hatten ein netzartiges Mustergeflecht, das durch eingeschmolzene Milchglasfäden in einer bestimmten Drehbewegung miteinander verwoben wurde.
Grundsätzlich weisen teils unebene, feuerpolierte Oberflächen, Differenzen in der Glasdicke, kleine Bläschen, Schlieren oder verschmolzene Ränder, sowie eine Abbruchstelle am Boden, auf ein mundgeblasenes Glas hin.
(Fotos: Ralph Brands / Text: Helena Regensburger, Praktikantin)