Das Arbeiten in historischen Bauernhäusern war vergangene Woche Gegenstand eines Forschungsprojektes im Ötztaler Heimatmuseum: Christian Lamprecht von den Atmosphären und Kryosphärenwissenschaften an der Uni Innsbruck hat mit Studierenden der Summer School einen Versuch in der Rauchkuchl unternommen. Wie auch heute verbrachten die Menschen vergangener Zeiten viele Stunden ihres täglichen Lebens in Innenräumen – sei es zum Kochen, für die Hausarbeit, zum Feiern gesellschaftlicher Anlässe oder schlicht, um sich vor äußeren Umwelteinflüssen zu schützen. Eine angenehme „Atmosphäre“ in diesen Räumen war daher schon immer entscheidend für das Wohlbefinden und die Gesundheit – damals wie heute.
Was uns jedoch von früheren Zeiten unterscheidet, sind die modernen Möglichkeiten und das tiefere Wissen über die Luftqualität in Innenräumen. Getrieben von Neugier und wissenschaftlichem Fortschritt, sind wir heute in der Lage, selbst winzigste Partikel in der Luft, wie etwa Aerosole, mit präzisen Messgeräten zu erfassen und die gewonnenen Daten zu interpretieren.
Während die Wissenschaft heute intensiv die Luftqualität in modernen Gebäuden untersucht, wissen wir erstaunlich wenig über die Bedingungen, denen unsere Vorfahren ausgesetzt waren. Dabei waren diese Menschen durch die körperlichen Herausforderungen ihres Alltags ohnehin stark beansprucht, was die Frage aufwirft, welchen zusätzlichen Belastungen sie durch schlechte Luft ausgesetzt waren. Um die Frage der Luftqualität in Innenräumen vor Jahrhunderten zu beantworten, reicht es nicht aus, lediglich die damalige Lebensweise zu simulieren – es erfordert auch die entsprechende Infrastruktur jener Zeit.
“Finde den idealen Rahmen und die Daten werden sich offenbaren.”
Das Ötztaler Heimat- und Freilichtmuseum bietet hierfür ideale Voraussetzungen. Dort kann man hautnah erleben, wie beschwerlich das Leben der Menschen damals war, und gleichzeitig die baulichen Gegebenheiten der Vergangenheit nachvollziehen. Charakteristisch für die damalige Bauweise im gesamten Alpenraum sind niedrige Decken, kleine Fenster und eine mangelhafte Belüftung. Offene Feuerstellen und die einfachsten Mittel wurden genutzt, um das tägliche Essen zuzubereiten und die Häuser zu beheizen. Gekocht und geheizt wurde mit Holz – oft auf offenen Feuerstellen und nur mit rudimentären Abzügen. Viele der entstehenden Partikel blieben in den Räumen hängen und wurden von den Bewohner:Innen unweigerlich eingeatmet. Dies führte zu einer ständigen Belastung der Atemwege, die damals jedoch als normaler Teil des Alltags hingenommen wurde.
Nachwuchs schafft Wissen
Junge Wissenschaftler:Innen der Universität Innsbruck haben im Rahmen ihrer Vorbereitung der Student for Student Summer School 2025 das Museum besucht und analysiert, wie „dick“ die Luft beim Kochen seinerzeit werden konnte.
Simuliert wurde eine typische Kochsituation mit (1) Anfeuern des Brennholzes, (2) Nachlegen von Holzscheiteln, dem (3) Schließen und Öffnen der Küchentür – alles bei geschlossenen Fenstern. Die untere Grafik zeigt dabei die Ultrafeinstaubbelastung (bei ca. 50–100nm) für einen Zeitraum von 80 min bei ca. 2 m Entfernung zur Feuerstelle. Vor dem Anfeuern liegt die Partikelanzahl bei weniger als 3000 pro cm3, steigt dann mit der Befeuerung rasch auf Werte zw. 1 bis 3 Millionen pro cm3 an und stabilisiert sich in der Brennphase meist um die 500.000 Teilchen pro cm3. Durch das Nachlegen von Holzscheiten wird der Brennvorgang erneut gestört und die Produktion von Ultrafeinstaub stark gefördert. Auch das Schließen und darauffolgende Öffnen der Tür zeigt sich rasch in den Daten. Nach dem Abbrennen des Holzes fehlt die Quelle der Partikel, weshalb die Konzentration langsam aber stetig zurück gehen. Bis sie jedoch wieder die ursprüngliche Hintergrundkonzentration erreicht, dauert es Stunden.
Partikelkonzentrationen in dieser Dichte werden vergleichweise bei Messungen in der Nähe von Straßenzügen erfasst, wobei dort durch Abgasreinigung tendenziell kleinere Aerosole auftreten, die Verdünnung jedoch durch Luftverwirbelungen rascher erfolgt. Eine häufige Belastung mit derart hohen Ultrafeinstaubkonzentrationen kann jedenfalls zu gesundheitlichen Schäden führen.
Die Größe entscheidet mit
Neben der Anzahl der Partikel lässt sich auch deren Hauptgröße messtechnisch erfassen. Diese ist entscheidend für den gesundheitlichen Aspekt, da kleinere Teilchen leichter in den Organismus eindringen. Heutige mobile Messgeräte können Luftpartikel bis 1nm auflösen, diese Teilchen sind so klein, dass sie die Blut-Luft-Schranke der Lunge überwinden und in den menschlichen Organismus eindringen können.
(Christian Lamprecht)